Hat die Sozialdemokratie Zukunft?

Die Fragestellung in der Überschrift ist zugebenermaßen sehr provokant. Doch genauso provokant wie sie ist, genauso einfach ist auch die Antwort auf die Frage. Ja, die Sozialdemokratie hat Zukunft. Allerdings sollte uns allen Bewusstsein, dass die Sozialdemokratie kein Selbstläufer ist. In vielen Ländern, vor allem in unseren europäischen Nachbarländern ist sie in der Versenkung verschwunden. Erwähnt werden muss in dem Kontext aber auch, dass sie aus einer Regierungsverantwortung abgewählt wurden, die meistens neoliberale Arbeitsmarktreformen durchgesetzt hat uns somit den Arbeiter*innen in den Rücken gefallen ist. Die „Parti socialiste“ ist mit ihrer sinnlosen Reform ein aktuelles Negativbeispiel („Frankreich braucht keine Arbeitsmarktreform“; SEPP 2017, Seite 25). Durch einen neoliberalen Gegenkandidaten mit einem souveränen Auftritt, Emmanuel Macron, ist die Sozialdemokratie in Frankreich dann vollends abgetaucht. Warum man also führende Sozialdemokrat*innen Emmanuel Macron als wichtigen Partner sehen, auf den man durchaus hören sollte, ist für mich unerklärlich. Sollten wir unsere Politik also nach Macron und seiner „En Marche!“ ausrichten wollen, können wir hierzulande gleich mit der FDP fusionieren.

Ein weiterer Punkt, der die Sozialdemokratie definitiv nicht nach vorne bringt, ist, wenn gezielt Inhalte mit reinen Personaldebatten, wie das derzeit der Fall ist, überdeckt werden. Noch absurder ist das ganze dadurch, dass die Menschen, die den Jusos vor einigen Jahren noch vorgeworfen haben, dass diese keine Geschlossenheit zeigen würden und gegen ihren Parteivorsitzenden arbeiten würden, maßgeblich an der Personalrochade beteiligt sind, um sich selbst einen Posten zu verschaffen. Dass nun Verwandte von Spitzenpolitiker*innen sich auch noch einschalten und andere Personen angreifen, macht die ganze Sache nicht besser. Ich bin mir sicher, dass die Menschen, die jahrelang eine Personalpolitik in Hinterzimmer betrieben haben und wesentliche Entscheidungen bei kleinen Männerrunden ausgemacht haben, in der Lage sind, dies nun zu verdauen.

Was in den letzten Tagen veranstaltet wurde, ist für mich in mehrerlei Hinsicht ein reines Trauerspiel. Inhalte sollten an erster Stelle stehen, nicht Personaldebatten. Böse Zungen würden nun behaupten, dass die Intention der Personaldebatten lediglich ist, von den Inhalten abzulenken. Nach wirklich sozialdemokratischen Erfolgen sucht man in dem Koalitionspapier auch wirklich vergebens. Warum viele junge Menschen zwar politisch sind, aber dennoch keine Lust haben, einer Partei beizutreten, ist angesichts dieses Politikstils, der hoffentlich bald sein Ende, verständlich. Meines Erachtens wäre es aber wichtig, genau deshalb einer Partei beizutreten, um für seine Inhalte zu kämpfen, eine offene Diskussionskultur und ein Ende der Personalpolitik in Hinterzimmern zu kämpfen.

Des Weiteren müssen wir endlich mehr Linkspopulismus wagen. Damit meine ich selbstredend nicht, mit Fake-News für seine Inhalte zu werben. Wir müssen allerdings mehr linke Inhalte vertreten, die zum Teil auch durchaus provokativ ist. Die politische Kommunikation in den letzten Jahren hat sich deutlich verschlechtert. Wir sollten daher mit einfacher Sprache für unsere Themen kämpfen. Selbstverständlich ist es trotzdem wichtig, dazu dann genaue Konzepte vorzulegen und nicht lediglich gute Überschriften.

Es muss uns allerdings natürlich bewusst sein, dass einer Opposition in der Konsequenz nicht automatisch eine inhaltliche Erneuerung folgt. Wir müssen in der Opposition klare linke Inhalte vertreten und Visionen entwickeln. Eine „Politik der Mitte“ bringt uns nicht voran. Die Sozialdemokratie muss in den nächsten Jahren deutlich radikaler werden. Dies gilt unter anderem auch für die Landtagsfraktion in Bayern, die es sich nun seit einigen Jahrzehnten in der Opposition bequem gemacht hat. Eine Forderung nach mehr Lehrkräften und der Hinweis auf die Versäumnisse der CSU bringen uns beispielsweise nicht voran. Wir müssen vor allem im Bereich der Bildung mutiger sein und für neue Konzepte eintreten, zum Beispiel einer Gesamtschule. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass wir in der kommenden Landtagswahl mit Natascha Kohnen und vielen Juso-Kandidierenden ein mutiges Konzept für den Freistaat vorlegen werden.

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