Solidarität ist kein Kinderkrippenspiel
Das war es also erst einmal wieder mit der Weihnachtszeit. Kaum durfte man das erste Türchen am Adventskalender öffnen, da stürzte man sich Samstagnachmittag ins Getümmel, um auch ja niemanden zu vergessen. Wenig später dann der fulminante Höhepunkt – die Weihnachtsfeiertage selbst. Sogar mal in die Kirche gehen (wie war das mit der Weihnachtsgeschickte, Nächstenliebe oder so?), Tante und Onkel einen Besuch abstatten, wenn es hochkommt „für die armen Menschen beten“ oder UNICEF/Brot für die Welt/Misereor ein kleines Sümmchen überweisen. Und schon ist das Spektakel für ein weiteres Jahr geschafft.
Aber was bleibt dann? Außer vielleicht einigen Kilos mehr, einem Haufen an Dingen, die man vielleicht brauchte aber – irgendwie auch nicht? Die Gewissheit, dass man die fernere Verwandtschaft und erst recht keine Kirche mehr von innen sieht bis zum nächsten Heiligen Abend? Ein Wall an Geschenkpapier und Altglas, den man lieber nicht in die Sammeltonne vor der Tür befördern sollte? Ne, echt, lasst es erst einmal (passt doch eh nichts mehr rein).
Aber genug, man möchte das Jahr doch nicht mit einer Schimpftirade auf das Weihnachtsfest, einem der wenigen besinnlichen Momente dieses turbulenten Jahres, beenden. Ich liebe Weihnachten. Ich liebe es, mit der Familie zusammen zu sein, einfach mal zur Ruhe kommen. Ich liebe es, mit Mama Plätzchen zu backen, meine alten Schulfreund:innen zu treffen und in Nostalgie zu schwelgen, laut und schief mit meinen Schwestern Weihnachtslieder zu singen. Und ich liebe es, dass wir uns vor Weihnachten Gedanken machen, womit man Anderen eine Freude bereiten könnte. Gerade diesen Geist der Weihnacht würde ich mir häufiger wünschen. Damit es ist also nicht bloß bei ein paar Pfennigen an UNICEF, einem heuchlerischen Stoßgebet oder einem Truthahn in Größe eines Kleinwagens bleibt. Es folgt meine ganz persönliche Neujahrswunschliste an unsere Gesellschaft:
Ich wünsche mir für 2018, dass wir wieder mehr Rücksicht aufeinander nehmen.
Gefangen im eigenen Kosmos und Stress vergessen wir doch allzu oft, auch einmal danke zu sagen. Nicht nur denen, die uns nahe stehen, aber auch jenen, die sich für unsere Gesellschaft aufopfern und denen wir tagtäglich begegnen, ohne weiter darüber nachzudenken. Das hier geht an die Ehrenamtlichen, die Supermarktkasse, die Feuerwehr, die Rettungssanitäter:innen und alle, die sich gerne angesprochen fühlen möchten.
Und warum nur spenden, um das eigene Gewissen zu erleichtern und nicht viel eher, um tatsächlich etwas Gutes zu tun? Kleine aber regelmäßige Spenden erleichtern gemeinnützigen Organisationen die Planung ihrer Arbeit. Oder einmal den freien Sonntag nutzen, um mit den Tieren im Tierheim zu spielen, in der Seniorenresidenz mit den alten Damen und Herren ins Gespräch zu kommen. Es wird unterschätzt, welche Bereicherung es mit sich bringt, von Zeitzeug:innen erzählt zu bekommen und wie viel Freude ein offenes Ohr, eine Partie Mensch ärgere Dich nicht, nur ein paar Stunden Aufmerksamkeit bringen kann. Ich würde mir auch wünschen, dass wir wieder mehr miteinander reden. Was für uns eine Viertelstunde am Telefon bedeutet, kann für Oma und Opa das Tages-Highlight sein. Und mal ganz ehrlich: es tut uns doch auch gut, ein bisschen Heimat aufzuschnappen.
Generell könnten wir versuchen, wieder mehr Zeit füreinander zu haben – ohne einen Bildschirm vor der Nase. Warum nicht nur mit der Clique ins Café um die Ecke, damit Instagram was zu sehen bekommt, sondern auch einmal die obdachlose Person, an der man jeden Tag vorbeieilt, auf einen Kaffee einladen, mit ihr ins Gespräch kommen? Wir sollten uns wieder mehr respektieren, Einzelschicksale erkunden, über den (Seitan-) Bratentellerrand hinausschauen, Mitgefühl zeigen, ohne zu bemitleiden, sondern gemeinsam daran arbeiten, uns auf einer menschlichen Ebene zu treffen.
Alles in allem wünsche ich mir, dass wir positiver an das neue Jahr herangehen, 2017 mit allen seinen Tiefpunkten hinter uns lassen und dem neuen Jahr eine Chance geben. Das schaffen wir aber nur gemeinsam. Den Weihnachtsmann hat Coca-Cola vielleicht erfunden, das Weihnachtsfest und seinen Ursprung aber nicht gepachtet. Lasst uns froh und tüchtig sein, damit wir uns beim nächsten Weihnachtsfest weniger gedankenlos das Geschenkpapier um die Ohren werfen.
Wenn Ihr weitere Ideen für Vorsätze dieser Art habt, Dinge, die man machen kann, um unsere Gesellschaft ein bisschen besser zu machen, kommentiert sie hier! Ich bin mir sicher, wir bekommen eine gute Liste zusammen.