Wozu lernen ohne Zukunft?

Seit nun mehr sieben Wochen gehen auf der ganzen Welt Schüler*innen auf die Straße um für eine bessere, nachhaltigere Klimapolitik zu demonstrieren. Sie rufen: „Wir sind hier wird sind laut weil ihr uns die Zukunft klaut“.

Bei uns in Deutschland haben diese eine ganz eigene Debatte losgetreten, nämlich um die Schuldpflicht. Zumeist aus Union und FDP lautet es, es ist schön, dass die Schüler*innen sich für Politik interessieren, aber sie sollen es doch bitte in ihrer Freizeit tun und nicht während der Schulzeit. Diese Auffassung erscheint etwas bizarr, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass wir in den letzten Jahren sehr viel Unterrichtsausfall hatten und die Unions und liberal geführten Länder sich hervortun, um diesem Trend entschieden entgegenzuwirken, so wichtig scheint der Bildungsauftrag dann doch nicht zu sein.

Ein Argument, welches oft von den Demo-Befürworter*innen aufgeworfen wird ist, dass in vielen Bildungsgesetzen, meist recht prominent zu Beginn des Gesetzes als Ziel der Bildung genannt wird, dass man die Schüler*innen zu mündigen Bürger*innen dieser Gesellschaft heranzuziehen. Da zur Mündigkeit der Bürger*innen auch die Wahrnehmung von Grundrechten gehört, dürfte unstrittig sein.

Was mir in der ganzen Diskussion fehlt ist, dass überhaupt nicht darauf geschaut wird, wer hier auf die Straße geht. Die Schüler*innen sind die kommenden Generationen, die dieses Land in Zukunft steuern werden. Die Betonung liegt hierbei auf ZUKUNFT. Der wohl größte Teil der Demonstrant*innen ist unter 18, also nach unserem Recht nicht wahlberechtigt. Für mich ist dies das Hauptargument warum diese jungen Menschen ein höheres Anrecht darauf haben, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren und zwar wann sie wollen und wo sie wollen.

Die Begründung ist recht einfach bedarf aber einem kleinen Exkurs ins Staatsrecht. Nach unserem demokratisch-politischen Verständnis muss jede politische Entscheidung die getroffen wird, auf den Willen des (Wahl) Volkes zurückzuführen sein. Diese Legitimation liegt hauptsächlich in den Wahlen zum Bundestag und dem jeweiligen Landtag die wir in einem festen Turnus abhalten. Die Wahlen dienen hierbei als Kontrolle der Regierung, die je nachdem wie die Wählerschaft entscheidet dann entweder weiterregiert oder von einer neuen Regierung abgelöst wird.

So wird entschieden welche Politik von der demokratischen Mehrheit gewollt (oder zumindest von Nichtwähler*innen hingenommen) ist und welche nicht.

Im Gegensatz zur wahlberechtigten Bevölkerung ist nun die Nicht-Wahlberechtigte zu sehen, also ein Großteil der Demonstrant*innen die Woche für Woche auf die Straße gehen. Kinder und Jugendliche haben nicht die Möglichkeit über das politische Geschick mitzuentscheiden und so z.B. eine ökologischere Politik zu bestimmen. Ihnen bleibt nur der Protest um am politischen Diskurs teilzunehmen und ihrer Meinung gehör zu verschaffen.

Die Bundesregierung ist sich indes uneins. So bequemte sich zu Beginn des aufkommenden Protestes noch Peter Altmaier, seines Zeichens Bundesminister für Wirtschaft und Energie, zu einer Kundgebung in Berlin, jedoch wurde dies recht schnell als von ihm als „Scheißidee“ bezeichnet, weil er nur lauten Unmut der Demonstrierenden zu hören bekam, aber wen wundert das auch. Lösungen sind in der Politik aktuell nicht zu sehen, es wird viel lieber lamentiert, dass man ja die Klimaziele schon noch erreichen wird, dass man doch jetzt mit dem Kohle-Austiegsdeal zum Jahr 2038 einen guten Kompromiss gefunden hätte, der von Vertreter*innen aus Wirtschaft, Gewerkschaft und Umweltschutz ausgehandelt wurde.

Dieser Deal hat nur einen großen Haken, nämlich den, dass das Klima sich blöderweise nicht an Deals hält. Der Klimawandel kommt, wie stark er sich auswirkt kommt auf unser Handeln, jetzt und in den nächsten Jahren an.

Der Umbruch in eine klimafreundliche Wirtschaft kostet Arbeitsplätze und viele Menschen werden es nicht schaffen sich durch Umschulungen am ersten Arbeitsmarkt halten zu können. Das schmerzt besonders die Sozialdemokratie, als starke Arbeiter*innenbewegung, aber das gehört zur Wahrheit dazu. Wenn wir diesen schmerzhaften Weg jetzt nicht gehen wird es umso schwieriger für die kommenden Generationen und diese werden uns zurecht fragen, warum wir nichts getan haben um das zu verhindern, wenn wir doch so lange schon die Anzeichen gesehen und auch erkannt haben was diese bedeuten.

Um es mit Greta Thubergs Worten zu schließen:

„Wir können die Welt nicht retten, indem wir uns an die Spielregeln halten. Die Regeln müssen sich ändern, alles muss sich ändern, und zwar heute.“

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