Schule muss Schutzraum sein!

In meiner Vorstellung kann sich jeder Mensch frei auf unserem Erdball bewegen. Er*sie kann dort lernen, arbeiten und leben, wo er*sie das möchte. Für mich wäre das vermutlich gar nicht so schwer. Ich wurde vor 22 Jahren in Deutschland geboren und kann mir ohne weiteres einen Reisepass ausstellen lassen mit dem ich problemlos in den meisten Ländern einreisen kann. Wenn ich mich entscheiden würde auszuwandern, würde ich vermutlich auch in zahlreichen Ländern ein Visum bekommen. Im Jahr 2015 haben das circa 860.000 Menschen getan und Deutschland dauerhaft den Rücken gekehrt.

Dieser Vorstellung stehen die Bilder, die vergangene Woche in den Medien kursierten, entgegen. In Nürnberg wurde ein 20-Jähriger, der aus Afghanistan nach Deutschland geflohen war, von der Polizei aus dem Unterricht in einer Berufsschule abgeholt um abgeschoben zu werden. Der Berufsschüler befand sich in einem Beschäftigungsverhältnis und wird von seinem Umfeld als sehr bemüht und integriert beschrieben. Dennoch wurde er wie ein Verbrecher aus dem Klassenzimmer abgeführt. Dass diese Vorgehensweise bei seinen Mitschüler*innen und Lehrer*innen auf Unverständnis stößt, ist wohl kaum verwunderlich. Ebenso wenig die Tatsache, dass aktiv versucht wurde, die Abschiebung in ein Land, in dem wenige Tage zuvor erst erneut Menschen bei einem Bombenanschlag getötet wurden, zu verhindern.

Ein ähnlicher Fall ereignete sich in Duisburg. Ein 14-jähriges Mädchen wurde von ihrem Direktor aus dem Unterricht geholt. Im Zimmer des Schulleiters des Gymnasiums wurde ihr dann erklärt, dass sie die dort wartenden Polizisten zu begleiten habe und noch am gleichen Tag mit ihren Eltern nach Nepal abgeschoben werden soll. Das Mädchen wurde in Duisburg geboren. In Nepal ist sie nie zuvor gewesen und Nepali spricht sie im Gegensatz zu Deutsch nicht gut. Zwei Freundinnen hatten noch kurz die Möglichkeit, sich bei ihr zu verabschieden und blieben dann fassungslos mit den restlichen Mitschüler*innen zurück. Demonstriert haben sich nicht. Jedoch versuchen sie jetzt der abgeschobenen Familie zu helfen und ihre Rückreise nach Deutschland zu ermöglichen.

Dass meine Vorstellung von völlig freier Entscheidung in Bezug auf Wohn- und Lebensraum derzeit noch eine Wunschvorstellung ist, ist mir klar. Die Frage, warum junge Menschen, die ein erfolgreiches (wie das ja so gerne betitelt wird) Leben in Deutschland führen, wie Verbrecher aus der Schule abgeführt werden und somit im wahrsten Sinne des Wortes aus ihrem Leben gerissen werden, ist mir jedoch nicht klar. Jede*r, der*die sich schon einmal mit der Abschiebepraxis in Deutschland beschäftigt hat, weiß, dass dies oftmals unter völlig menschenunwürdigen Bedingungen geschieht. Die betroffenen Menschen werden meist ohne Ankündigung am frühen Morgen abgeholt. Sie haben nur sehr wenig Zeit ein paar Dinge mitzunehmen. Danach werden sie zum Flughafen gebracht und in Flugzeuge gesetzt. Wer sich wehrt und Widerstand leistet, wird gefesselt. Begleitet werden die bald Abgeschobenen von Beamten, die zuvor in Rechtskunde, Theorie und Kampfsport ausgebildet wurden. Die Mobiltelefone werden für die gesamte Dauer der Reise konfisziert.

Junge Menschen können durch diese Ereignisse schwer traumatisiert werden. Neben dem Konstrukt der Abschiebung und deren Umsetzung, ist insbesondere die „Abholpraxis“, die in der letzten Woche angewandt wurde zu kritisieren. Schule muss Schutzraum für Kinder und Jugendliche sein. Menschen, die sich in Ausbildung oder Arbeit befinden, dürfen nicht abgeschoben werden!

Quellen:

  • faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/ablauf-einer-abschiebung-von-fluechtlingen-aus-deutschland-13937444.html
  • focus.de/politik/deutschland/drama-in-duisburg-um-14-jaehrige-bevsi-beste-freundin-nach-abschiebung-verzweifelt-sie-wurde-mir-aus-dem-herz-gerissen_id_7206208.html
  • wohin-auswandern.de/
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