Zeit für Gerechtigkeit!

Freiheit – Gerechtigkeit – Solidarität. Die drei Grundwerte unserer SPD, die schon seit über 150 Jahren auf unseren Fahnen geschrieben stehen. Doch in letzter Zeit konnten wir beobachten, dass diese Grundwerte immer weiter verworfen wurden und werden. Beim Parteikonvent am 20. Juni dieses Jahres sprachen sich die Delegierten mit knapp 60 Prozent für die sogenannten „Höchstspeicherfristen“, dem Euphemismus für „Vorratsdatenspeicherung“ aus, was dem Grundwert „Freiheit“ im Geringsten entspricht. Auch die Solidarität verliert immer weiter an Bedeutung, wie unser Parteivorsitzender vor nicht allzu langer Zeit in einem Interview über die Griechenlandkrise verdeutlichte: Es reiche ihm mit der griechischen Regierung. Punkt. Auch unser Parlamentspräsident Martin Schulz hat „die Faxen dicke“. Die SPD so solidarisch wie nie zuvor! Unsere großen Parteigründer würden sich im Grabe dreimal umdrehen, wenn sie sehen würden, was mit der guten alten SPD geworden ist. Nix mehr mit Internationaler Solidarität! Zur Erinnerung: In unserem Hamburger Programm von 2007 steht: „Solidarität bedeutet wechselseitige Verbundenheit, Zusammengehörigkeit und Hilfe. Sie ist die Bereitschaft der Menschen füreinander einzustehen und sich gegenseitig zu helfen. Sie gilt zwischen Starken und Schwachen, zwischen Generationen, zwischen Völkern.“

 

Und was ist mit der Gerechtigkeit?

Es lässt sich sagen, dass zumindest eins der Grundwerte noch eine kleine Daseinsberechtigung in der SPD darstellt. In der jetzigen Koalition mit der CDU/CSU haben wir einiges für eine Annäherung an Gerechtigkeit getan: Sei es der gesetzliche Mindestlohn von 8,50€, die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren, die Mietpreisbremse, die doppelte Staatsbürgerschaft, die Frauenquote oder das ElterngeldPlus. Dass diese Punkte aber lange noch nicht eine Annäherung an eine gerechtere Gesellschaft darstellen, wird uns besonders bewusst, wenn wir wieder mal das Grundsatzprogramm lesen: „Gerechtigkeit [erfordert] mehr Gleichheit in der Verteilung von Einkommen, Vermögen und Macht.“ Genau diese Verteilung von Einkommen, Vermögen und Macht sind mit obigen Punkten aber nicht gewährleistet. Und da sehen wir auch wieder das Kernproblem einer Koalition mit der Union: Um der ökonomischen Ungleichheit etwas entgegenzutreten, zeigen sie sich insoweit kompromissbereit, dass sie zwar für mehr Unterstützung der ArbeiterInnen und Angestellten sind, aber nur unter der Voraussetzung, dass dabei die „Großen“ nicht in ihrer finanziellen Stärke eingeschränkt werden.

Für die Verteilungsgerechtigkeit reicht es aber nicht, nur einen Mindestlohn einzuführen, zumal dieser ja auch nicht zur Verteilung von Vermögen bzw. Einkommen beiträgt, sondern nur eine Einkommensbegrenzung nach unten darstellt. Um wahre Gerechtigkeit in der Verteilung von Gütern zu erreichen, muss eine entsprechende Steuerpolitik durchgeführt werden.

 

Derzeit sieht es hier aber sehr düster aus:

Die ökonomischen Ungleichheiten haben in Deutschland signifikant zugenommen: Am oberen Rand ist eine starke Konzentration von Vermögen und Spitzeneinkommen festzustellen – begünstigt durch eine entsprechende Steuerpolitik – und am unteren Rand verfestigt sich die Armut auf dramatischste Weise. Laut verschiedensten Analysen auf Grundlage des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), entfallen vom gesamten Nettovermögen der privaten Haushalte rund zwei Drittel auf die reichsten zehn Prozent. Auch der Gini-Koeffizient, der die Ungleichverteilung von Vermögen darstellt (0 = Vermögen ist auf alle gleich aufgeteilt; 1 = gesamtes Vermögen im Besitz eines/einer Einzelnen), zeigt, dass Deutschland derzeit bei einer Vermögensungleichverteilung von 0,78 liegt –  Tendenz steigend. Laut einer OECD-Studie hemmt eine solche Ungleichheit letztlich auch das Wirtschaftswachstum. Aber nicht nur das: Sie bringt ebenfalls eine ungleiche Verteilung von Teilhabechancen mit sich, untergräbt Freiheiten und politischen Einflusschancen aller Bürgerinnen und Bürger. Als Folge daraus wird nicht nur die Ökonomie in eine Krise geraten, sondern auch die soziale Teilhabe und die Demokratie!

Vor dem Hintergrund dieser gestiegenen Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen, ist es deswegen mal wieder an der Zeit, dass wir uns alle mit höheren „Reichensteuern“ beschäftigen, durch die eine wirklich gerechte Umverteilung stattfinden kann. Wenn beispielsweise der Spitzensteuersatz von 45 Prozent ab einem steuerpflichtigen Einkommen von 250.000€ auf 49 Prozent erhöht wird, würde das etwa 1,7 Milliarden Steuermehreinnahmen mit sich bringen. Und wenn das Ganze schon ab 100.000€ gelten würde, könnte dies etwa 4,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen zur Folge haben. Zusätzlich sind hierbei auch noch Instrumentarien, der Unternehmens- und Kapitaleinkommenssteuer, der Erbschaftssteuer und der Wiederbelebung der Vermögensteuer zu nennen. Was eine Volkswirtschaft mit diesen Steuergeldern alles für die „unteren“ der Bevölkerung tun kann, wird vollkommen totgeschwiegen. „Ja nicht zu viel Belastung der Finanzstarken!“, lautet die Devise der Konservativen und der SPD.

 

In Anbetracht der oben genannten Punkte, sowie der zunehmenden Unzufriedenheit unter den BürgerInnen und Bürgern mit der SPD, könnte sich diese mal wieder mehr den Grundwerten, vor allem aber der sozialen Gerechtigkeit widmen, die in einer GroKo leider nicht durchführbar zu sein scheinen. Um wieder eine zukunftsfähige, moderne und soziale Partei zu werden, müssen endlich die neoliberalen Hirngespinste, die Steigbügelhalterei der Union und vieles, vieles mehr überwunden werden!

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Ein Kommentar zu "Zeit für Gerechtigkeit!"

  1. Arno Pfaffenberger sagt:

    Ich weiß nicht, ob es als Aussenstehender richtig ist, sich einzumischen. Wenn nicht, dann löscht das einfach. Ich finde die ganzen Vorschläge gut. Aber eines fehlt mir. Es muss endlich mal an den Aufbau einer schlagkräftigen innerparteilichen linken Opposition gehen. Um diese Vorschläge mehrheitsfähig zu machen. Also versucht als Speerspitze dieser linken Opposition auf allen Ebenen bis hinunter in die OVe der Partei, eine solche Opposition mit Strukturen aufzubauen. Um die Macht in der Partei zu erreichen! Denn Veränderung auf parlamentarichem Wege wirde es nur geben mit zwei starken sozialdemokratischen Parteien und einer hoffentlich wieder linken grünen Partei.