„Antisemitismus gibts in Deutschland eh fast nicht mehr.“ Oder doch?

Genau heute vor 73 Jahren wurde Anne Frank in ihrem Versteck in Amsterdam entdeckt, darauf erst in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und von dort aus dann in das Konzentrationslager Bergen-Belsen[1]. Wir müssen uns immer an die Ereignisse in den schwarzen Tagen der deutschen Geschichte erinnern und Rassismus, LGBTIQ*-Feindlichkeit etc. immer geschlossen entgegentreten und unsere Demokratie verteidigen. Auch wenn fast 60 Prozent der in Deutschland lebenden Bürger*innen wollen, dass endlich ein Schlussstrich unter die Judenverfolgung während der NS-Zeit gezogen wird[2], ist dies genau der falsche Weg. Wir haben nämlich – vor allem Jüdinnen und Juden gegenüber – eine besondere Verantwortung, auch wenn nur 47 Prozent der Deutschen das so sehen[3]. Die Geschichte darf sich nie mehr wiederholen, daher ist dieser Geschichtsrevisionismus vieler Deutscher auf das Schärfste zu verurteilen.

Die Reaktionen auf den Konflikt am Tempelberg oder auf die Aussagen von Netanjahu zur Todesstrafe in sozialen Netzwerken haben wieder einmal gezeigt, dass Antizionismus und Antisemitismus tief in den Köpfen einiger verankert sind. Kritik an der Aussage von Netanjahu zur Todesstrafe ist nicht nur legitim, sondern auch notwendig. Doch sachliche Kritik an der Arbeit von Netanjahu war die Intention der wenigsten Kommentare.

Dass ein Großteil der Kritik an Israel unsachlich und verzerrt ist, zeigt eine Umfrage, die besagt, dass 35 Prozent der Bundesbürger*innen die israelische Politik gegenüber der Palästinenser*innen sogar mit der des Nationalsozialismus gleichsetzen[4]. Dies geschieht natürlich, um die Taten des Nationalsozialismus enorm zu verharmlosen und die deutsche Geschichte „besser“ aussehen zu lassen.

Auch eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion Bayern hat gezeigt, dass es Antisemitismus sehr wohl noch gibt, zumal die wahren Zahlen vermutlich höher liegen als die offiziellen. Im ersten Halbjahr (!) 2017 wurden alleine 62 antisemitische Straftaten verübt und von 2015 auf 2016 ist die Anzahl um über 30 Prozent gestiegen[5].

Doch neben Antisemitismus stellt auch Antizionismus ein riesiges Problem dar, denn immer mehr üben antisemitische Straftaten im Namen des Antizionismus aus. Wie der französische Präsident Macron vor kurzem richtig gesagt hat, ist Antizionismus eine neue Form des Antisemitismus[6], denn auch Straftaten im Namen des Antizionismus haben meistens das gleiche Ziel wie antisemitische: den Tod der Jüdinnen und Juden.

Wir sollten daher im wachsam sein, denn der Antisemitismus im Jahre 1939 war auch nicht plötzlich da, sondern entwickelte sich über Jahrhunderte und radikalisierte sich dann in der Zeit der Weimarer Republik extrem. So wurden beispielsweise von den Freikorpssoldaten und Studierenden 1919 bei der Niederschlagung der kommunalen Räterepublik zusätzlich Jüdinnen und Juden angegriffen, Rosa Luxemburg wurde als „Judenhure“ beschimpft und schwer misshandelt und Kurt Eisner, der erste Ministerpräsident Bayerns, wurde 1919 Opfer eines antisemitischen Mordanschlags. [7]

Es braucht daher einen Beauftragten für die Bekämpfung von Antisemitismus und vor allem Investitionen in Bildung, die Vorurteile gegenüber Jüdinnen und Juden widerlegt und uns außerdem beibringt, sowohl die Geschichte Israels als auch aktuelle Situationen in Israel nicht so einseitig zu sehen und mit anderen Augen zu betrachten, denn Antisemitismus gibt es – wie die Zahlen eindeutig beweisen – leider sehr wohl.

 

Quellen:

[1]: dpa
[2]: Der Tagesspiegel
[3]: Statistisches Bundesamt
[4]: Bertelsmann Stiftung
[5]: Pressemitteilung SPD-Landtagsfraktion Bayern
[6]: Israelnetz
[7]: Wikipedia

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