Schulpolitik made by RTL
Dass das deutsche Schulsystem im letzten Jahrhundert hängen geblieben ist, lässt sich ,insbesondere aktuell, stärker denn je an und in den Schulen sehen. DieEinrichtung der meisten Schulen ist nicht einmal ansatzweise Problemen des 21. Jahrhunderts wie Digitalisierung, Internationalisierung und Individualisierung gewachsen.Zwar gibt es Fördertöpfe wie den DigitalPakt Schule, welcher das Ziel hat „Schulen in Deutschland flächendeckend in die Lage zu versetzen, digitale Bildung zu vermitteln“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus),jedoch werden diese Mittel Dank des Föderalismus und der daraus resultierendenInvestitionsblockaden sowie bürokratischer Hürden nur begrenzt abgerufen. Von den zwischen 2019 und 2024 auf den Freistaat Bayern im DigitalPakt Schule entfallenden insgesamt 778,2 Millionen Euro sind laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland bis 2021 bereits 130 Millionen Mittel bewilligt worden. Hört sich doch eigentlich gar nicht schlecht an. Naja, letztendlich wurde aber bisher nur einviel kleinerer Teil, nämlich knapp 70 Millionen Euro Fördermittelgeld, an die Schulen ausgezahlt. Dass dies bei weitem nicht ausreicht, um die Ausstattung von Schulen, Hochschulen, Kitas und anderen Bildungseinrichtungen auf ein wenigstens akzeptables und zukunftsfähiges Niveau zu bringen, dürfte allen klar sein. Und auch wenn irgendwie die Technik und Ausstattung beschafft werden würde, haben sich in den letzten Jahren massenweise Probleme angehäuft. So fehlt es an Weiterbildungsangeboten für Lehrer:innen, um dann die (noch imaginäre) neue Ausstattung so zu bedienen, dass sie den Unterricht überhaupt erleichtert würde. Denn momentan wird er nur erschwert und verkompliziert. Aktuell liegt Deutschland bei digitalen Weiterbildungsangeboten für Lehrer:innen laut OECD Studie auf Platz 76. Bei 78 teilnehmenden Ländern. Die negativen Auswirkungen von schlechter digitaler Ausbildung der Lehrer:innen zeigen sich aktuell am Versagen von Homeschooling deutschlandweit. Ohne sinnvolle Weiterbildungsangebote zu den Themen Digitalisierung und Digitaler Unterricht ist ,das bereits in die neue Technik geflossene Geld, genauso sinnvoll angelegt wie in Andreas Scheuers Pkw-Maut. Aber auch wenn Technik vorhanden wäre und Lehrer:innen das technische Know-How hätten, ist der Internetanschluss an vielen Schulen und auch in den Haushalten nicht einmal ansatzweise ausreichend. Derzeit liegt der Anteil der Haushalte mit Glasfaseranschlüssen in Deutschland bei gerade einmal 13,8%. Glasfaser ist ja auch noch eine neue Technik und bla bla …NEIN! Bereits 1981 wollte SPD-Bundeskanzler Schmidt flächendeckenden Glasfaserausbau. Dann stellt man sich die Frage „Woran hats jelechen?“.Die Antwort hört auf den NamenDr. Helmut Kohl: Dem ehemaligen Bundeskanzler war Kabelfernsehen und sein guter Freund und Fernseh-Tycoon Leo Kirch (von dem er nebenbei noch 600 000 DM Parteispenden jährlich erhielt) wichtiger als der Breitbandausbau des Glasfasernetzes (Peter Jungblut, BR Kultur vom 26.02.2021).Jedoch fehlen nicht nur der Internetanschluss und in den Schulen Geräte etc., sondern auch die technische Ausstattung bei vielen Schüler:innen Zuhause. Dennviele ärmere Haushalte haben eben nicht – wie mehr oder weniger vorausgesetzt-für jedes Kind ein eigenes Gerät und ein Büro, um den Unterricht von zu Hause aus zu folgen. Dass Homeschooling und der Distanzunterricht die Chancenungleichheit und Bildungslücke in unserer Gesellschaft, die sich hier mehr und mehr zu einer 2-Klassen Gesellschaft entwickelt, erheblich verstärkt, sollte daher ebenfalls Allen klar sein.Der gravierende Zustand unseres Bildungssystems wird spätestens klar, wenn man beachtet, dass bereits jetzt Länder wie Thailand, Jordanien, Russland oder Tunesien, in denen eine teils weitaus größere Ungleichheit bei Einkommensverteilung vorliegt, ein sozialeres und gerechteres Schulsystem haben als in Deutschland (OECD, PISA Studie).Ebenso wie bei der Einrichtung, bei der der Overheadprojektor, den schon unsereEltern und Großeltern in der Schule hatten, der gefühlt am häufigsten benutzte Einrichtungsgegenstand ist, steckt man bei der Bewertung von Schulleistungen auch noch im letzten Jahrhundert fest.Denn auch noch im Jahr 2021 -während einer globalen Pandemie – wird in fast allen Schulen Bayerns und Deutschlands auf Leistungsbeurteilung und dann auchnoch Leistungsbeurteilung in Form von Noten gesetzt.Dass diese kein klarer Indikator für Schul- und Lernerfolge sind, betonen schon seit Jahren auf diesem Gebiet führende Wissenschaftler:innen, wie die Bildungswissenschaftlerin Nele McElvany, Direktorin am Institut für Schulentwicklungsforschung an der TU Dortmund. Denn Noten spiegeln, wenn überhaupt, kurzfristige Lerneffekte wider. Aber klar: das 3-Tage-Auswendiglernen-Und-Dann-Vergessen ist dann bestimmt das „lebenslange Lernen“ von dem immer geredet wird. Also „Lernen lernen“ und Vorbereitung aufs Leben und so.Zudem werden durch die fehlende Objektivität bei der Beurteilung der Leistungen Schüler:innen aus sowieso schon sozial schlechter gestellten Familien (zwar meist unbewusst, aber dennoch signifikant) weiter benachteiligt. So haben,bei gleichen kognitiven Fähigkeiten und gleicher Lesekompetenz, Kinder aus der Oberschicht eine viermal höhere Chance auf eine Gymnasialempfehlung als Kinder aus der Unterschicht (DGB-Studie 2018).Und hier sind noch nicht einmal weitere Faktoren, wie das schlechtere Lernumfeld oder die aus finanziellen Gründen fehlende Möglichkeit, Nachhilfe zu bekommen mit eingerechnet.Ein weiteres Problem ist das fehlende Vertrauen in die Schüler:innen. Denn statt ihnen die Möglichkeiten einzuräumen sich ernsthaft auf Fächer zu fokussieren, die sie interessieren, versucht man weiterhin in allen Fächern viel zu viel Basiswissen zu vermitteln. Man zwingt Schüler:innen die gesamte Schulzeit durch, sich mit Fächern durch zu quälen, obwohl sie diese schlicht und einfach nicht interessieren. Indem man viel zu viel Basiswissen scheinbar in die Köpfe reinhämmern will, macht man Kinder kaputt, raubt ihre Neugier und beseitigt mit den Worten „lern doch einfach die Formel auswendig“ ihren Wissensdurst, ohne ihn zu befriedigen. Das fehlende Vertrauen ist auch durch fehlenden Dialog gegenzeichnet. So fordern bereits jetzt tausende Schüler:innen die wahlweise Möglichkeit eines Durchschnittsabschlusses. Es wäre wenigstens angebracht, darüber zu spekulieren, da aufgrund der durch Schulschließungen verpassten Unterrichtszeitund -stoff sowieso kein normaler Abschluss geschrieben werden kann. Aber statt einen konstruktiven Dialog zwischen Schüler:innen und den politisch Verantwortlichen zu führen, wurden die Faschingsferien ersatzlos gestrichen. So nach dem Motto, das ist „eine Sache für Profis“. Eigentlich würden Ferien sowohl von Lehrer:innen, Schüler:innen als auch Eltern dringend benötigt werden, da bei vielen die Nerven (auch aufgrund des schlechten Schulmanagements der „Profis“) auf dem Grund liegen. Dass Schulen geöffnet werden, obwohl an fast allen Schulen noch nicht einmal mit dem Einbau von Lüftungsanlagen und Luftreinigern begonnen wurde, zeigt nur noch mehr, dass hier schlicht und einfach komplett an der Realität vorbeigeplant wird. Und wenn wir gerade bei Realität sind: Schule mit Maske und 1,5 Meter Abstand ist maximal zum Einhämmern von Wissen und Erhebung von sowieso sinnlosen Noten gut, fördert aber sicherlich nicht die psychische und physische Gesundheit von Schüler:innen. Das haben aber das aktuelle Schulsystem und die Schulen vorher nicht gemacht (vgl. TU Dresden 2008) und machen es in der aktuellen Zeit genauso wenig.Statt auf mehr Flexibilität, Förderung des Dialogs zwischen Schüler:innen, Lehrkräften und Eltern sowie auf eine freiere Wahlmöglichkeit bei der Fächerauswahl sowie Stundenplangestaltung für Schüler:innen zu setzen, greift man in unseren Schulen weiterhin auf teils veraltete Methoden zurück. Dass sich die in Bayern hierfür Verantwortlichen selbst als die „ leuchtende Seite [der] Regierungsmacht“ (Piazolo) betrachten, zeigt, wie wenig Realitätsbezug hier noch vorhanden ist. Denn als Schüler:innen, Eltern oder Lehrer:innen ist mansich nicht mehr sicher, ob man hier eine politischen Debatte über die Zukunft unserer Kinder und unseres Landes führt oder bei Frauentausch ist. Denn bei beiden wird nach dem Motto „Das bleibt alles so wie`s hier ist. Es wird hier nichtsdran gerüttelt. Egal ob du hier bist oder nicht“ gehandelt.