Die multikulturelle Kompetenz der SPD

Laut der Bundeszentrale für politische Bildung, die Zahlen aus dem Jahr 2018 nimmt, hat ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands einen so genannten Migrationshintergrund. Dazu zählt jeder, bei der zumindest ein Elternteil nicht in Deutschland geboren ist. In Landshut schauen die Statistiken nicht anders aus. Hier fällt die Quote sogar leicht höher aus, man spricht laut Integrationsbericht der Stadt von ca. 23.000 Menschen. Bei 73.000 Bewohnerinnen (Stand Mitte 2020) ist das mehr als 30%. Nun kommen wir jedoch zu einem – meiner Meinung nach großem – Problem: die Repräsentation dieser Bevölkerungsgruppe. Der Stadtrat von Landshut hat 44 Mitglieder. Keiner der aktuell gewählten Stadträte ist Migrantin. Zu diesem Sachverhalt nun eine kurze Analyse unserer Partei:

Multikulturalität und die SPD. Über diese Beziehung kann man generell sehr viel schreiben. Wir haben auf der einen Seite den Multikulturalismus, der de facto unser Integrationsleitbild in der Bundestagswahl 2005 war. Auf der anderen Seite haben wir einen Altkanzler, der ebenjenes Konstrukt als „Illusion von Intellektuellen“ ansieht. Und wiederum haben wir auch Mitglieder gehabt, die durch rassistische Kampfschriften eine breite gesellschaftliche Debatte losgetreten haben, ob denn nun „Ausländer*innen“ pauschal einen geringeren IQ hätten oder nicht.

Obwohl die SPD durch diese Entgleisungen Glaubwürdigkeit in ihrer Migrantenwählerschaft eingebüßt hat, bleibt sie gefühlt meiner Meinung nach dennoch einer der wichtigsten Parteien für dieses Milieu. Gründe dafür sind auch u.a. engagierte SPD-Parlamentarierinnen mit Migrationshintergrund. Als Beispiel möchte ich hier Herrn Arif Taşdelen anbringen, der – so wie es der Zufall auch will – eine meiner ersten SPD-Kontakte wurde. Arif – oder „Arif abi“, wie ich ihn lieber nenne (für „großer Bruder“) – hat innerhalb der letzten Jahre als bayerischer Landtagsabgeordneter unserer Partei viele Themen in das Maximilianeum gebracht, die erstens, so ganz sicher nicht dort behandelt worden wären, und zweitens, die vielen Migrantinnen an sich sehr wichtig sind. Als Beispiele kann ich die bayerisch-staatliche Akzeptanz von islamischen Bestattungsriten und die Unterstützung der Uiguren – mit München als größte Diaspora der Uiguren – bringen.

Auf kommunalpolitischer Ebene hingegen merke ich als Laie, dass unsere Partei engagierte Migrantinnen – und Nachfahren dieser – leider auf hintere Listenplätze setzt. Die Fehler, die von konservativ-bürgerlichen Parteien gemacht werden, sollten von uns vermieden werden. Wenn ein Parlament die Vertretung des Volkes an sich darstellt, dann müssen auch in einer Stadt mit 30% Migrantinnen-Quote meiner Meinung nach diese Zahlen in ihren Parlamenten finden. Und gerade unsere Partei, die sich u.a. für die Schwächsten in der Gesellschaft einsetzt, sollte engagiert dabei sein, diese Repräsentationsgerechtigkeit „durchzuboxen“.

Was ich übrigens nicht zählen lasse: Vor der Stadtratswahl in Landshut hat ein Politiker einem Bekannten von mir folgendes gesagt: „Man muss doch kein Migrant sein, um Migranten vertreten zu können.“ Unrecht hatte er nicht. Aber wenn man diesem Argumentationsmuster folgt, bräuchte man auch keine Frauen in Parlamenten.

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