Vive le Tour!?

Die Tour de France 2019, 176 Fahrer, ca. 3400 km, 30 Berge der höchsten Kategorien (gemessen an der Steigung), kurz gesagt das größte, schwerste und spektakulärste Radrennen der Welt. Und besonders dieses Jahr ist es wieder spannend, einer der Top Favoriten verletzt sich kurz vor der Tour und auch im Verlauf der Tour bleiben die Abstände der Top fünf sehr eng.

Wer sich jetzt denkt, nicht noch ein Beitrag zu Doping im Radsport sei ganz unbesorgt, denn darum soll es in diesem Text nicht gehen. Als ich mir einige Etappen der diesjährigen Tour angesehen habe, sind mir einige Sachen aufgefallen, die mir früher nicht so ins Auge gefallen sind und damit meine ich nicht dass das Team „Sky“ jetzt „Ineos“ heißt (erinnerte mich etwas an „Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix“). Nein, mir ist dieses Jahr einmal aufgefallen, wie stark die Tour von weißen Europäern dominiert wird. Daher habe ich mir die Frage mal gestellt, wie rassistisch der Radsport und der Sport generell ist und wie sexistisch er ist. Unter den 176 Fahrern ist nur der Franzose Nataneal Berhane als schwarzer Fahrer dabei. Woran liegt das? Diese Frage haben sich auch andere Zuschauer*innen der Tour gestellt und diese dem Kommentatoren-Team der ARD gestellt. Man merkte geradezu, wie unangenehm die Frage diesen war und wie sie die ganze Zeit versuchen, nichts Rassistisches von sich zu geben. Ihr Erklärung war, dass der Radsport in Ländern mit einem großen Anteil von schwarzer Bevölkerung nicht so beliebt ist und daher auch nur wenige Fahrer zu Verfügung stehen, um sie zu den großen Radsportrennen zu bekommen. Doch dies klingt für mich mehr nach einer Ausrede und nach einem Versuch, das unangenehme Thema und Kritik an der ohnehin die letzten Jahre stark in Mitleidenschaft genommenen Tour zu vermeiden. Ein Problem dürfte sein, dass die Tour mehr als andere Sportereignisse kapitalistisch verwertet wird. Die Teams werden von wenigen Firmen gestellt und werden dann auch nach diesen benannt. Somit steht im Vordergrund, was die Firma möchte und nicht die Bemühung um eine möglichst vielfältiges Feld. Wäre es Firmen wichtig auch schwarze Fahrer in ihrem Team zu haben, dürfte das kein Problem sein auch hier passende Fahrer zu finden und auch Jungprofis aufzunehmen und diese dann aufzubauen.

Ein zweiter Punkt ist die Frage, warum es die meisten Radsportrennen ausschließlich für Männer gibt. Frauen werden bei der Tour zwar gerne gesehen, aber wenn dann am Straßenrand oder für das obligatorische Küsschen links und Küsschen rechts für die Sieger der verschiedenen Kategorien. Zwar gab es in der Vergangenheit schon mehrfach einen Versuch, zumindest ein vereinfachtes, kürzeres Rennen für die Radsportlerinnen zu organisieren, doch wie man sieht ohne langfristigen Erfolg. In diesem Jahr versucht es eine Gruppe von Frauen, auf dieses Thema wieder mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Unter dem Slogan „donnons des elles au vélo“ („setzen wir sie aufs Rad“) fahren diese der Tour voraus, um sich der Presse zu zeigen und auch um zu demonstrieren, dass auch sie diese Distanz überwinden können.

Dass die Frauenfeindlichkeit aber nicht nur ein Problem der Tour und des Radsports ist, zeigt auch das jüngste Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs CAS. Dieser Urteilte über Caster Semenya, eine südafrikanische Läuferin. Diese hat nach Ansicht der Richter*innen einen zu hohen Testosteronwert und darf daher nicht bei Wettkämpfen starten, es sei denn, Semenya senkt ihren Testosteronwert durch Medikamente. Dieses Urteil ist insoweit auch ein Novum, da jetzt auch ein ganz natürlicher Vorteil den Sportler*innen weggenommen werden soll. Zum Vergleich: Es wird wohl niemand fordern, dass Usain Bolt die Beine operativ kürzen lassen müsse, da diese von der Norm abweichen würden und er so einen Vorteil gegenüber den anderen Läufern habe.

So zeigt sich im Ganzen, dass die Sportwelt noch viel Verbesserungspotential hat und gerade was Diskriminierung sowohl auf der Grund der Ethnie als auch des Geschlechts angeht. Zu guter Letzt auch noch etwas Positives von der Tour. Die diesjährige Tour wird zum ersten mal von einem Kolumbianer, Egan Bernal gewonnen. Bis zum ersten schwarzen Tour-Gewinner dauert es hoffentlich nicht weitere 106 Auflagen.

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